Die Socialist Equality Party in Großbritannien verurteilt das von der Labour-Regierung unter Keir Starmer angekündigte Verbot der Gruppe Palestine Action (PA) unter Anwendung des Terrorism Act von 2000. Labours Vorhaben, die PA als „terroristische Organisation“ zu verbieten, ist ein politisches Komplott und ein fundamentaler Angriff auf die demokratischen Rechte der gesamten Arbeiterklasse.
Die Regierung geht mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit vor. Innenministerin Yvette Cooper erklärte am Montag vor dem Parlament: „Der Entwurf für einen Verbotsantrag wird am Montag, den 30. Juni, im Parlament eingebracht. Sollte er angenommen werden, wird die Mitgliedschaft und die Unterstützung von Palestine Action illegal sein.“
Die Pläne für ein Verbot der PA wurden der BBC am Freitag bekannt gegeben. Nur wenige Stunden vorher hatten einige Aktivisten der PA die Sicherheitsvorkehrungen des Geländes der Royal Air Force in Brize Norton in Oxfordshire durchbrochen und zwei Versorgungsflugzeuge des Militärs mit roter Farbe besprüht. Dieser friedliche Protest wurde von der Regierung benutzt, um die PA und ihre Mitglieder als „gewalttätige Extremisten“ und „Terroristen“ zu brandmarken.
Cooper erklärte im Parlament, die Protestaktion sei „die jüngste in einer langen Reihe von inakzeptabler krimineller Sachbeschädigung, die von Palestine Action verübt wurde“ und die eine Gefahr für die „nationale Sicherheit“ darstelle. Ohne den geringsten Beweis behauptete sie, die Aktivitäten der PA zeigten eine „Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt“. Sie erklärte außerdem, die Aktion vom Freitag werde von der Anti-Terror-Polizei untersucht.
Cooper behauptete, die Aktivitäten der PA würden die juristische Definition von Terrorismus gemäß dem Gesetz erfüllen. Weiter erklärte sie: „Zahlreiche Experten aus der gesamten Regierung, der Polizei und den Sicherheitsdiensten sind auf der Grundlage eines fundierten, faktenbasierten Prozesses zu diesem Ergebnis gekommen.“ Mit anderen Worten, es handelt sich um eine staatliche Verschwörung auf höchster Ebene.
Cooper erklärte weiter: „Die erste Pflicht der Regierung ist es, für die Sicherheit unseres Landes zu sorgen.“ Nur einen Tag zuvor hatte Premierminister Keir Starmer die Bombardierung des Iran durch die USA unterstützt – ein Kriegsverbrechen nach internationalem Recht mit katastrophalen Folgen für die Menschen im Iran, im Nahen Osten und der ganzen Welt.
Massenwiderstand
Millionen von Arbeitern und Jugendlichen, die gegen den von den imperialistischen Mächten unterstützten Völkermord in Gaza protestiert haben, werden die Einstufung der PA als „terroristische“ Organisation ablehnen. Großbritannien hat Israel mit Waffen und Geheimdienstinformationen dabei unterstützt, über 60.000 Palästinenser zu töten, darunter 17.000 Kinder. Tausende weitere liegen noch unter Trümmern verschüttet.
Coopers Erklärung von Montag bedeutet, dass die PA als Organisation definiert wird, die „terroristische Handlungen begeht oder sich daran beteiligt, Terrorismus vorbereitet, Terrorismus fördert oder ermutigt (u. a. durch die rechtswidrige Verherrlichung von Terrorismus), oder anderweitig in Terrorismus verwickelt ist“. Zu den 81 Organisationen, die derzeit als Terrororganisation eingestuft sind, gehören al-Qaida, der IS und die Atomwaffen-Division (AWD), die auch als National Socialist Order (NSO) bekannt ist.
Das Verbot der PA hat weitreichende Folgen. Laut dem Terrorism Act ist es eine Straftat, wenn eine Person:
einer verbotenen Organisation angehört,
zur Unterstützung einer verbotenen Organisation aufruft,
leichtfertig die Zustimmung zu einer verbotenen Organisation bekundet,
ein Treffen zur Unterstützung einer verbotenen Organisation veranstaltet,
in der Öffentlichkeit Kleidung trägt oder Gegenstände mit sich führt, die einen berechtigten Verdacht erwecken, die Person sei Mitglied oder Unterstützer einer verbotenen Organisation, oder
ein Bild eines Gegenstands wie eine Flagge oder ein Logo unter denselben Umständen veröffentlicht.
Die ersten vier Tatvorwürfe können mit einer Haftstrafe von bis zu 14 Jahren geahndet werden. Wenn das britische Parlament für ein Verbot der PA stimmt, kann jeder strafrechtlich verfolgt und inhaftiert werden, der sie öffentlich unterstützt. So könnte beispielsweise die World Socialist Web Site strafrechtlich belangt werden, weil sie über die Kampagne zur Freilassung der „Filton 18“ berichtet. Die 18 Palästina-Aktivisten sitzen in Untersuchungshaft und ihnen droht ein Prozess wegen der Teilnahme an einer Protestaktion gegen das israelische Rüstungsunternehmen Elbit Systems.
Das Verbot von Palestine Action dient als trojanisches Pferd für einen Frontalangriff auf das Recht auf Protest und Meinungsfreiheit. Die Pflicht, Widerstand gegen Völkermord und andere völkerrechtswidrige Verbrechen – einschließlich des unprovozierten Angriffskriegs gegen den Iran – zu leisten, wird in einen terroristischen Akt verwandelt.
Wenn gewaltlose Sabotage einzelner Demonstranten als Terrorismus eingestuft wird, was ist dann mit Streiks von Seeleuten und Hafenarbeitern oder Fabrik- und Logistikarbeitern, die die Lieferung von Waffen und Gerät für die israelische Kriegsmaschinerie boykottieren, wie es französische, griechische und italienische Hafenarbeiter getan haben?
Großbritannien kann auf eine lange Geschichte von Kampagnen des zivilen Ungehorsams zurückblicken, bei denen das Recht auf Protest, auch gegen militärische Einrichtungen, von den Gerichten bestätigt wurde. Vier britische Frauen, die als „Ploughshare Four“ bekannt wurden, beschädigten 1996 ein Flugzeug des Typs BAE Hawk, damit es nicht nach Indonesien geliefert werden konnte, wo es gegen die Bevölkerung von Osttimor eingesetzt werden sollte. Ihnen drohte eine zehnjährige Haftstrafe wegen Sachbeschädigung. Allerdings wurden sie von einem Geschworenengericht freigesprochen, das ihre Aktion als vertretbar zur Vermeidung eines Völkermords einstufte.
Im Jahr 2003 drangen die „Fairford Five“ in einen Luftwaffenstützpunkt der Royal Air Force ein, um Flugzeuge zu beschädigen, damit sie nicht im illegalen Krieg gegen den Irak eingesetzt werden können. Im Berufungsverfahren wurden zwei von ihnen freigesprochen, nachdem die Geschworenen entschieden hatten, dass ihre Handlungen angemessen waren, um Kriegsverbrechen zu verhindern. Keiner von ihnen musste ins Gefängnis. Einer dieser beiden „Fairford Five“ wurde damals von Keir Starmer als Anwalt vertreten.
Durch die Einstufung von Protest als Terrorismus würde jede derartige Rechtsverteidigung hinfällig.
Menschenrechtsorganisationen wie CAGE, Amnesty International und Liberty sprechen sich gegen das geplante Verbot der PA aus. Der Direktor von Liberty, Akiko Hart, erklärte am Montag in einer Stellungnahme: „Wir sind beunruhigt wegen der abschreckenden Wirkung, die es auf Tausende von Menschen hätte, die sich für Palästina einsetzen, und für ihre Möglichkeiten, sich zu äußern und an Protesten teilzunehmen.“
Die Autorin Sally Rooney schrieb im Guardian eine Kolumne mit dem Titel „Israel tötet unschuldige Palästinenser, Aktivisten besprühen ein Flugzeug. Raten Sie mal, was die britische Regierung als Terrorismus bezeichnet.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die „Stop the War Coalition“ und Abgeordnete wie Diane Abbott, Zarah Sultana, Richard Burgon, Ian Byrne, Apsana Begum, Bell Ribeiro-Addy und Jeremy Corbyn haben Aufrufe zur Verteidigung der PA und ihrer Mitglieder veröffentlicht und die Regierung aufgefordert, ihre Entscheidung rückgängig zu machen.
Doch die Starmer-Regierung forciert ihre Pläne. In der BBC-Sendung Sunday mit der Fernsehjournalistin Laura Kuenssberg griff Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds ihre haltlosen Vorwürfe von „ausländischem Einfluss“ auf die Aktionen der PA auf und erklärte, diese würden untersucht. Natürlich ging Kuenssberg nicht auf die zahllosen Beweise ein, die die PA im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes enthüllt hatte. Sie zeigen die geheime Absprache zwischen israelischen Regierungsvertretern und der britischen Regierung sowie der Anti-Terror-Polizei bei der Entscheidung, die Mitglieder der PA ins Visier zu nehmen.
Die Ankündigung des Verbots erfolgte weniger als 24 Stunden nach Beginn der US-Luftangriffe auf den Iran, die von der britischen Regierung unterstützt wurden. Der Zeitpunkt verdeutlicht den Zusammenhang zwischen der Eskalation des imperialistischen Kriegs und dem Angriff auf demokratische Rechte im eigenen Land.
„Linksextremismus“
Die Regierung, Polizei und Geheimdienste haben die Protestaktion der PA auf dem Luftwaffenstützpunkt Brize Norton als Vorwand genutzt, um seit langem bestehende Pläne zur Kriminalisierung linker Antikriegsproteste und Äußerungen umzusetzen. Im Jahr 2019 warnte die WSWS vor der Extremismus-Bekämpfungsstrategie der britischen Regierung gegen die „extreme Linke“. Laut einem Bericht der Kommission zur Bekämpfung des Extremismus wurden die „revolutionären Ideen der Arbeiterbewegung“ der extremen Linken mit zunehmender Sympathie für „gewalttätige extremistische Taktiken“ assoziiert.
Zu den „extremistischen“ Ansichten, die potenziell zum Terrorismus führen können, zählt die Kommission: „Wir sollten streikende Arbeiter immer unterstützen“, „Die Industrie sollte für Bedürfnisse, nicht für Profit produzieren“ und „Ich solidarisiere mich mit allen, die zur Zielscheibe von US-Militäraktionen werden“. Fast sechs Jahre später kann auch Widerstand gegen Völkermord dieser Liste hinzugefügt werden. Der britische Staat will Ansichten kriminalisieren, die von Millionen – wenn nicht Milliarden – Arbeitern und jungen Menschen auf der ganzen Welt geteilt werden.
Das Vorgehen der Starmer-Regierung zeigt, dass die diktatorischen Maßnahmen in den USA Teil einer allgemeinen Hinwendung des Imperialismus zu Krieg und Unterdrückung ist. Die Trump-Regierung setzt Polizei und Militär im Innern ein, um Einwanderer abzuschieben und politische Gegner zu verhaften und einzusperren.
Auch die britische Labour-Regierung reagiert auf den wachsenden Widerstand mit den Methoden des Polizeistaats. Der Angriff auf die PA dient der Vorbereitung staatlicher Repression von Streiks und Massenprotesten, die unweigerlich gegen die zutiefst unpopulären Kriege und die dafür notwendigen massiven Sparmaßnahmen ausbrechen werden.
Imperialistische Kriege, staatliche Gewalt und Unterdrückung können aber nicht mit den Methoden der Protestpolitik bekämpft werden. Die Arbeiterklasse ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die die Macht hat, den Imperialismus zu besiegen. Eine Kampagne gegen ein Verbot der Palestine Action und die zahlreichen Angriffe auf demokratische Rechte erfordert den Aufbau einer globalen Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse, die gegen das kapitalistische System gerichtet ist.