Deutsche Sympathien für Trumps Diktaturpläne

Es ist gerade eine Woche her, seit Bundeskanzler Friedrich Merz den amerikanischen Präsidenten Donald Trump im Oval Office umschmeichelte und von der deutschen Presse dafür gefeiert wurde, dass er sich gut mit dem rechtsextremen Rüpel im Weißen Haus verstand. Seither ist zur Gewissheit geworden, dass Trump nicht nur ein Politiker mit faschistischen Neigungen ist, sondern gezielt die Errichtung einer Militärdiktatur unter seiner persönlichen Kontrolle anstrebt.

Bundeskanzler Friedrich Merz und Präsident Donald Trump im Oval Office [Photo by Bundesregierung/Steffen Kugler]

Das ist die Bedeutung von Trumps Entscheidung, die Nationalgarde und Militäreinheiten nach Los Angeles und in andere amerikanische Städte zu schicken, um die Massendeportation von Migranten zu erzwingen und Proteste dagegen gewaltsam zu unterdrücken. Wie die WSWS aufgezeigt hat, schafft Trump in einem kalkuliert herbeigeführten und fortschreitenden Staatsstreich einen neuen, diktatorischen Rahmen für die kapitalistische Klassenherrschaft.

Doch obwohl sich dieser schleichende Staatsstreich auf offener Bühne vollzieht, hat bisher nicht ein führender deutscher Politiker dagegen protestiert oder auch nur warnend die Stimme erhoben. Dieselben Politiker, die nicht müde werden, die Kriegsoffensive gegen Russland mit der Verteidigung von „Freiheit“, „Demokratie“ und „wertebasierter Ordnung“ zu rechtfertigen, hüllen sich in Schweigen, wenn in den USA die Demokratie zerschlagen wird.

Viele hegen heimliche oder offene Sympathien für Trump. Sie fürchten zwar seine Handelskriegsmaßnahmen und einen möglichen Rückzug aus der Nato, aber sein brachiales Vorgehen gegen Migranten und Oppositionelle verfolgen sie mit heimlicher Bewunderung und Neid. Das wird sehr deutlich, wenn man die Kommentare von Journalisten liest, die in der Glasglocke der Berliner Politik in enger Symbiose mit führenden Politikern leben.

Einige verstehen sehr gut, was in Washington vor sich geht. So schreibt der langjährige SZ-Journalist und Historiker Joachim Käppner in der Süddeutschen Zeitung, Amerikas Demokratie habe „über zweieinhalb Jahrhunderte autoritären Versuchungen widerstanden“, doch jetzt schwinde die Gewissheit mit jeder Woche, „dass die Demokratie nicht durch eine entfesselte Exekutive dauerhaft geschwächt wird“. Der US-Präsident zeige, „dass er keine Mittel zu jenem autoritären Umbau der Gesellschaft scheut, den seine Gegner zu Recht befürchten“.

Auch der Spiegel bezeichnet Trumps Vorgehen in einem Leitartikel seines New Yorker Korrespondenten Marc Pitzke als „ein kalkulierter Schritt in Richtung einer autoritären Regierung“. Ihm gehe es „um die schlagkräftige Inszenierung seines Allmachtsanspruchs, den er auch auf allen anderen Feldern durchsetzt“. Die nächsten Schritte wären die Aktivierung des Insurrection Acts und „die Ausrufung eines Notstands, womit sich Wahlen aushebeln ließen“.

Doch Schlussfolgerungen ziehen beide Autoren keine. Selbst die Frage, weshalb niemand ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Möchtegern-Führer im Weißen Haus anstrebt, wie es gegen Richard Nixon oder Bill Clinton aus viel geringerem Anlass stattfand, stellen sie nicht. Das würde sie zwingen, sich mit den Demokraten auseinanderzusetzen, die – abgesehen von einigen hohlen Worten – keinen Widerstand gegen Trump leisten. Diese fürchten die sich entwickelnde Massenbewegung viel mehr als eine autoritäre Diktatur und sprechen für die gleiche Finanzoligarchie wie Trump.

Auch Kritik an der deutschen Regierung, die sich weiterhin um beste Beziehungen zu Trump bemüht, sucht man vergebens. Schließlich ist Käppners langjähriger Kollege Stefan Kornelius, der 37 Jahre lang für die SZ schrieb, zuletzt als Ressortleiter Politik, inzwischen als Sprecher der Bundesregierung dafür verantwortlich, Merz‘ Politik unter das Volk zu bringen.

Andere Journalisten bemühen sich dagegen gar nicht, ihr Wohlwollen für Trump zu verbergen. Besonders deutlich tut dies Nikolas Busse, der verantwortliche Redakteur für Außenpolitik der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, des Sprachrohrs der Frankfurter Börse.

Busse rät zu einem „differenzierten“ Blick auf Trump. Man müsse zwischen seiner „neoisolationistischen Außenpolitik“, die Europas Sicherheitskonzeption bis ins Mark treffe, und seinem „Umgang mit irregulärer Migration“ unterscheiden. Hier verfolge Trump „im Grundsatz eine Linie, die sich auch in Europa durchsetzt, sowohl in einzelnen Staaten als auch in der EU“. Dass sich Trump mit Merz so gut verstanden habe, „lag zu einem nicht geringen Teil an der Wende in der Asylpolitik, die der Kanzler vollziehen will“.

Busse begründet dann lange, weshalb er Trumps brutale, inhumane Abschiebepolitik grundsätzlich unterstützt. Im Kern gehe es „um die Frage, wie viel Migration westliche Länder vertragen,“ schreibt er in AfD-Manier. „Die Vorstellung, dass jeder auf der Welt sich überall niederlassen dürfe“, sei „früher nur eine linke Utopie“ gewesen. Inzwischen sei sie in vielen westlichen Staaten Praxis. „Das konnte auf Dauer nicht gut gehen.“ Leider hätten sich die „Parteien, die traditionell im Westen regierten, dieser Einsicht zu lange verschlossen“.

Die Zeit argumentiert ähnlich wie die F.A.Z., auch wenn sie sich nicht so offen wie diese hinter Trumps Jagd auf Migranten stellt. Stattdessen macht sie Trumps Wähler – und die Demonstranten, die gegen seine Gestapo-Methoden protestieren – für Trumps Staatsstreich verantwortlich.

„Trump ist für sein Versprechen, Kriminelle ohne Aufenthaltsstatus abzuschieben, von einer Mehrheit gewählt worden,“ behauptet Zeit-Redakteur Sascha Chaimowicz. Trumps Gegnern wirft er, gestützt auf vereinzelte, aufgebauschte Gewaltszenen, vor, Trump weitere Anhänger in die Arme zu treiben.

„Die Bilder der Gewalt, die in diesen Tagen aus Los Angeles kommen, sind für viele nicht nur Nachrichten, sondern ein emotionaler Angriff auf ihr Sicherheitsgefühl,“ schreibt Chaimowicz. „Wenn demokratische Politiker diese Bilder rhetorisch wegmoderieren und sich stattdessen auf die Debatte konzentrieren, ob Trump gerade die Demokratie abschafft, riskieren sie, ein zentrales Moment zu übersehen: dass viele Menschen nicht wegen Verfassungsfragen, sondern wegen konkreter Ängste wählen.“

Man kennt diese Argumentation aus der Geschichte: Nicht die Industriellen, die Hitler finanzierten, nicht die Politiker, die ihn in die Regierung holten, und nicht die Parteien, die 1933 für das Ermächtigungsgesetz stimmten, waren für seinen Aufstieg verantwortlich, sondern die Arbeiter, die den Nazis Widerstand leisteten und damit die Ängste der Besitzenden und des Kleinbürgertums schürten.

Die Nazi-Bonzen, die als Wirtschaftskapitäne, Richter, Professoren, Polizeichefs und Generäle Hitlers Herrschaft absicherten und nach dem Krieg ihre Karriere in der Bundesrepublik fortsetzten, redeten sich alle damit heraus, dass das „Volk“ Hitler unterstützt und sie nur Befehle befolgt hätten – eine üble historische Lüge.

Es gibt in den USA und weltweit rasch wachsenden Widerstand gegen Trump und das kapitalistische System, dessen Niedergang er verkörpert.

Trump und andere Rechtsextreme konnten überhaupt nur deshalb Wahlerfolge erzielen, weil Demokraten, Sozialdemokraten und angebliche Linke gemeinsam mit den Gewerkschaften jahrzehntelang die soziale Umverteilung zugunsten der Reichen organisiert haben und deshalb zutiefst verhasst sind. Anders als Mussolini und Hitler führen Trump und Konsorten keine faschistischen Massenbewegungen von Kriegsveteranen und heruntergekommenen Kleinbürgern. Die eigentliche Machtbasis von Trump ist die Oligarchie von Multimilliardären, die durch die systematische Plünderung der Arbeiterklasse entstanden ist.

Aus demselben Grund unterstützen deutsche Politiker und Medien Trump oder versuchen, sich mit ihm zu arrangieren. Auch sie fürchten, dass die eskalierende kapitalistische Krise heftige Klassenkämpfe auslösen wird. Sie reagieren darauf wie in den 1930er Jahren mit Diktatur und Krieg. Die Merz-Regierung geht, wie Trump, brutal gegen Migranten vor, um die demokratische Rechte der gesamten Arbeiterklasse anzugreifen. Und sie rüstet auf wie seit Hitler nicht mehr, um die wachsenden sozialen Spannungen nachaußen zu lenken und Eroberungskriege zu führen. Die SPD spielt dabei eine führende Rolle.

Der Widerstand dagegen wächst und wird weiter wachsen. Die entscheidende Frage ist, ihn mit einer sozialistischen Perspektive zu bewaffnen, welche die Arbeiterklasse international im Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Gesellschaft vereint.

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