Perspektive

Trump eskaliert Putsch - Entsendung von Marines nach Los Angeles

Polizeikräfte während einer Protestaktion in Compton, Kalifornien, am 7. Juni 2025, nach einer Razzia der Einwanderungsbehörden. [AP Photo/Ethan Swope]

Die systematische Verschwörung zur Errichtung einer Präsidialdiktatur in den Vereinigten Staaten schreitet rasch voran. In einem kalkuliert herbeigeführten und fortschreitendem Staatsstreich schafft Donald Trump einen völlig neuen Rahmen für die Klassenherrschaft.

Die Entwicklung in Los Angeles steht im Mittelpunkt einer landesweiten Operation.

Am Montag kündigte das Weiße Haus an, dass es 700 US-Marines – den Teil der US-Streitkräfte, der historisch mit rücksichtsloser kolonialer Unterdrückung verbunden ist – in die zweitgrößte Stadt der Vereinigten Staaten entsenden wird. Dies folgt auf Trumps Anordnung vom Samstagabend, die kalifornische Nationalgarde unter Bundesbefehl zu stellen. Somit wurden 2.000 Soldaten mobilisiert unter dem Vorwand Bundesgebäude schützen zu müssen, darunter das Gefängnis der Einwanderungsbehörde ICE, in dem die letzte Woche zusammengetriebenen Migranten festgehalten werden.

Die Marines werden von der Militärbasis Twentynine Palms in der Mojave-Wüste, 140 Meilen östlich von LA, entsandt. Die Trump-Regierung hat außerdem Pläne angekündigt, die Zahl der Nationalgardisten auf 4.000 zu verdoppeln.

Der Einsatz von aktiven Marines ist eine erhebliche Eskalation der Bemühungen, den Einsatz von Militärgewalt auf amerikanischen Straßen zu normalisieren. Dies ist ein direkter Verstoß gegen den Posse Comitatus Act von 1878, der den Einsatz des Militärs zur Durchsetzung innerstaatlicher Gesetze verbietet. Auch wenn Vertreter der Trump-Regierung die Proteste in Los Angeles und anderen Städten wiederholt und absurderweise als „Aufstand“ bezeichnen, haben sie bisher davon abgesehen, sich auf das Aufstandsgesetz von 1807 zu beziehen. Stattdessen berufen sie sich auf die angebliche inhärente Befugnis des Präsidenten, Truppen innerhalb der Vereinigten Staaten zu stationieren.

In Trumps Proklamation vom Samstag, mit der er die Nationalgarde unter Bundesbefehl stellt, werden Los Angeles oder Kalifornien nicht erwähnt. Stattdessen wird US-Verteidigungsminister Pete Hegseth angewiesen, sich mit „den Gouverneuren der Bundesstaaten“ zu beraten. Er wird ferner ermächtigt, „alle anderen Angehörigen der regulären Streitkräfte“ einzusetzen, die zum Schutz von Bundesvermögen erforderlich sind – „in einer von ihm nach eigenem Ermessen für angemessen erachteten Anzahl“. Mit anderen Worten: eine unbegrenzte Anzahl von Soldaten an jedem Ort des Landes.

Ein am Montag in der New York Times veröffentlichter Artikel zitiert Kori Schake vom rechtsgerichteten American Enterprise Institute, der feststellt: „Die Trump-Regierung testet eine neuartige Rechtstheorie, wonach man die Beschränkungen der amerikanischen Streitkräfte bei der innerstaatlichen Strafverfolgung umgehen kann.“

Am Dienstag besuchte Trump Fort Bragg, den riesigen Armeestützpunkt in North Carolina, um anlässlich des 250-jährigen Bestehens der US-Armee eine Rede zu halten. Dies war Trumps erster Besuch in der Basis seit seiner Rückkehr ins Amt im Januar. Er wurde von Hegseth begleitet, der zu den ultrarechten Ministern in seiner Regierung gehört und die Putschoperationen mitsteuert.

Die Feierlichkeiten zum Jubiläum gipfeln in einer massiven Militärmobilisierung auf den Straßen von Washington D.C. am kommenden Samstag, dem 14. Juni. Mehr als 7.000 Soldaten werden begleitet von Hunderten Panzern und gepanzerten Fahrzeugen an einer Parade teilnehmen, die mit Trumps 79. Geburtstag zusammenfällt. Ein Konvoi von Panzern, die mit Zügen transportiert werden, ist bereits in der Hauptstadt eingetroffen.

Die Übereinstimmung von Trumps persönlicher Geburtstagsfeier mit der massiven Militärparade ist kein Zufall. Trump strebt die Einführung eines Führerprinzips innerhalb des amerikanischen Militärs an: eine Kommandostruktur, die nicht auf der US-Verfassung oder ziviler Kontrolle basiert, sondern auf persönlicher Loyalität ihm gegenüber. Die Armee wird in diesem Rahmen als seine Armee dargestellt. In Nazi-Deutschland mussten Militärangehörige einen Eid nicht auf den deutschen Staat, sondern direkt auf Adolf Hitler schwören.

In Amerika wird ein neuer politischer Rahmen geschaffen. Die Bundesregierung agiert außerhalb jeglicher rechtlicher Beschränkungen und ergreift Maßnahmen, die nicht nur in ihrem Umfang beispiellos sind, sondern auch unverhohlen illegal und verfassungswidrig. Diejenigen, die diese Maßnahmen kritisieren oder ablehnen – sei es in politischen Ämtern, vor Gericht, in Anwaltskanzleien, in den Medien oder durch Proteste auf der Straße – werden mit der repressiven Macht des kapitalistischen Staates konfrontiert.

Die Verhaftung von David Huerta, dem Vorsitzenden der SEIU California – einer Gewerkschaft, die 700.000 überwiegend lateinamerikanische und migrantische Beschäftigte im Dienstleistungs- und öffentlichen Sektor vertritt – offenbart den Klassencharakter und die faschistischen Züge des sich vollziehenden Staatsstreichs. Huerta wurde am Wochenende inhaftiert und gegen eine Kaution von 50.000 Dollar freigelassen. Ihm wird vorgeworfen, ein Fahrzeug der Einwanderungsbehörde ICE an der Ausfahrt gehindert zu haben. Dieses Vorgehen richtet sich nicht nur gegen Zugewanderte oder Demonstranten, sondern ist ein Angriff auf die demokratischen Rechte der gesamten Arbeiterklasse.

Doch trotz dieses direkten Angriffs auf einen aus ihren eigenen Reihen haben weder die SEIU noch der Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO zu Massenprotesten aufgerufen, geschweige denn zu Streiks, um die Freilassung von Huerta und die Aufhebung aller Anklagen zu fordern. Die einzige offizielle Reaktion der AFL-CIO war ein erbärmlicher Aufruf an ihre 14 Millionen Mitglieder, Briefe an den Kongress zu schreiben. Wenn die Gewerkschaftsfunktionäre nichts tun, um einen aus ihren Reihen zu verteidigen, was haben dann die einfachen Arbeiter zu erwarten, wenn sie Opfer von Trumps Polizei-Militär-Angriffen werden?

Trump und sein innerer Kreis – Hegseth, der stellvertretende Stabschef des Weißen Hauses Stephen Miller, die Ministerin für Innere Sicherheit Kristi Noem, Generalstaatsanwältin Pam Bondi und FBI-Direktor Kash Patel – bilden im Keim eine faschistische Junta.

Aber weder die Demokratische Partei noch die Leitmedien sagen offen, was vor sich geht. Es ist ein Staatsstreich – aber sie wagen es nicht, ihn beim Namen zu nennen, selbst wenn Trump die Verhaftung prominenter Demokraten wie des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom wegen seines angeblichen Widerstands fordert.

Die Washington Post, die dem Milliardär Jeff Bezos gehört, formulierte die Antwort vonseiten der herrschenden Unternehmeroligarchie. In einem am Montag veröffentlichten Leitartikel weigerte sich die Post, Trumps Vorgehen als Staatsstreich zu bezeichnen. Stattdessen gibt sie „beiden Seiten“ die Schuld für die Eskalation der Spannungen. Der Leitartikel kritisiert zwar milde Trumps Einsatz der Marines, rechtfertigt jedoch die Anwendung von Bundesgewalt zur „Wiederherstellung der Ordnung“. Sie verteidigt die rechtliche Befugnis des Präsidenten, Truppen in amerikanische Städte zu entsenden, und fordert „unruhige Demonstranten auf, den Ausweg zu nehmen“.

Es ist eine unerbittliche Logik der Eskalation am Werk. Je weiter Trump geht, desto mehr verbindet er seine Präsidentschaft – und sein eigenes politisches Überleben – mit dem Erfolg der Operation.

In dieser Situation wäre es erbärmlich und aussichtslos, sich auf die Demokratische Partei, die Gerichte oder die Gewerkschaftsapparate zu verlassen, um Trumps Staatsstreich zu verhindern.

Im Kongress wird Trumps Absetzung nicht gefordert. Die Demokratische Partei unternimmt nichts. Die Demokraten sagen nicht einmal öffentlich, was sie alle insgeheim wissen: Die Ereignisse in Los Angeles sind ein riesiger Schritt in Richtung Präsidialdiktatur. Die Demokratische Partei richtet ihre Appelle sich nicht an die Arbeiterklasse, sondern an Republikanische Kongressabgeordnete – und sogar an Mitglieder der Trump-Regierung selbst.

Der Demokratische Gouverneur von Kalifornien Gavin Newsom reagiert auf Trumps Drohung, ihn persönlich zu verhaften, mit dem Versprechen, 800 zusätzliche Polizisten auf die Straßen von Los Angeles zu schicken, wo sie derzeit gegen Demonstranten vorgehen.

Der derzeitige Angriff ist das Mittel, mit dem die herrschende Oligarchie ihre Interessen durchsetzen will. Die enorme und ständig wachsende soziale Ungleichheit in Amerika ist mit demokratischen Herrschaftsformen unvereinbar. Während Einwanderer zuerst attackiert werden, richtet sich der Angriff letztlich jedoch gegen die gesamte Arbeiterklasse.

Im ganzen Land wächst der Widerstand gegen Trumps Putsch. Bislang ist er jedoch spontan und politisch unorganisiert. Das muss sich ändern.

Die Arbeiterklasse, die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, hat die Macht, diese Entwicklung zu stoppen. Wie in der gestern veröffentlichten Erklärung des National Comittee der Socialist Equality Party und der WSWS-Redaktion dargelegt: „Die Notwendigkeit eines Generalstreiks wird immer deutlicher – doch ein solcher wird sich nicht spontan ereignen. Er muss durch den Aufbau demokratischer Kampforganisationen der Arbeiterklasse vorbereitet und geführt werden.”

Trumps Vorgehen in Los Angeles hat bereits zu Protestaktionen im ganzen Land und zu weit verbreiteter Wut unter Millionen von Arbeitern geführt. Jetzt gilt es, diesen wachsenden Stimmungen unter den Massen eine konkrete und organisierte Form zu geben.

Wir wiederholen den Aufruf der Socialist Equality Party und der WSWS: Die Initiative muss von unten kommen! In jeder Fabrik, in jedem Betrieb und in jedem Viertel müssen Aktionskomitees gebildet werden, um die Grundlage für Massenwiderstand zu schaffen. In Fabriken, Schulen und Büros im ganzen Land müssen Dringlichkeitssitzungen einberufen werden, um kollektive Aktionen zu organisieren und eine mächtige Gegenoffensive der Arbeiterklasse aufzubauen.

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